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Lydia kam als überraschendes Wunschkind am 14.06.1995 zur Welt.

Sie war ein freundliches, liebes und eher stilles Kind.

In ihrem ersten Lebensjahr wohnten wir noch alle zusammen bei Lydias Großeltern.

Anschließend gab es eine Zwischenlösung, wo wir eine kurze Zeit zur Miete wohnten, um dann ein Altbau-Mehrfamilienhaus zu erstehen.

Das war auch für unsere Lydia ein großes Abenteuer Diese Zeit hat sie sehr geprägt.
Lydia war ein richtiges „Baustellen-Kind“, kannte sich mit Werkzeugen und Baumaterial bestens aus.

Sie war immer so genügsam, hatte mit baulich bedingten Einschränkungen überhaupt kein Problem.

Ab 1998 war Lydia dann ein Kindergartenkind. Obwohl sie von Natur aus eher zurückhaltend war, fand sie dort schnell Freunde.



Im Februar 2000 kam dann ihre Schwester Ricarda zur Welt. Lydia war eine tolle, liebevolle große Schwester.

Im August 2000 gab es ein weiteres Highlight: Mutti und Vati haben (endlich) geheiratet und Lydia durfte Blumen streuen.

Lydia war schon in ihrer frühen Kindheit ein rundherum zufriedenes Kind. Hat oft mit LEGO gespielt und Bücher angeschaut und konnte sich auch schon an Kleinigkeiten erfreuen.
 
Sehr beliebt bei ihr waren immer unsere „Kuscheltierfeste“. Das bedeutet, dass alle vorhandenen Kuscheltiere im Kinderzimmer in einem großem Kreis gesetzt wurden. Für Mutti, Vati und Lydia blieb auch noch Platz. Mit dezenter Beleuchtung und toller Musik wurde dann dort Abendbrot gegessen. Traditionell gab es kleine, mit Plätzchenformen ausgestochene Schnittchen und kleingeschnittenes und hübsch angerichtetes Obst oder Gemüse. Anschließend wurde noch etwas gespielt oder ein toller Film geschaut.



Im August 2001 wurde Lydia dann ein Schulkind und war stolz auf ihre große Zuckertüte und den schicken neuen Ranzen. Das Lernen fiel ihr leicht und machte ihr Spaß. Lydia war immer eine gute bis sehr gute Schülerin.

Seit dieser Zeit war Julia, die in die gleiche Klasse ging, ihre beste Freundin.

Die Grundschulzeit verging wie im Flug und auf einmal war Lydia schon in der 4. Klasse.

Lydia hatte schon seit frühester Kindheit Probleme mit Heuschnupfen und allergischem Asthma. Deshalb war sie im Herbst 2004 für 6 Wochen zur Kur an der Ostsee. An zwei Wochenenden konnten wir zu Besuch kommen, die restliche Zeit war sie allein. Schon damals hatten wir viel Respekt, mit welcher Selbstverständlichkeit Lydia die lange Zeit dort bewältigt hat. Sie wirkte nach außen immer so ruhig, aber war im Inneren ein ganz starkes Mädchen.

Nach Abschluss der Grundschule ging Lydia dann aufs Gymnasium und kam auch dort sehr gut zurecht. Obwohl ihre beste Freundin Julia auf eine andere Schule ging, blieb die Freundschaft bestehen und sie verbrachten so oft es ging ihre inzwischen knappere Freizeit miteinander.

Ansonsten spielte Lydia im ortsansässigen Blasmusikverein und später zusätzlich beim Guggamusik-Verein Trompete.

Außerdem war sie eine "Leseratte", mochte z.B. die Harry Potter Bände sehr.
Wenn Gelegenheit und Zeit da waren, fuhr sie auch gerne Fahrrad und Inline-Skates.

Alles in allem kann man sagen, dass wir eine sehr glückliche Familie waren. Auch wenn es natürlich hier und da mal Probleme gab, die uns aus heutiger Sicht nun so unwichtig und klein erscheinen. Heute kann ich nicht mehr verstehen, warum mich damals verschiedene Sachen überhaupt aufregen konnten.



Im August 2007 veränderte sich unser Leben schlagartig. Lydia wurde schwer krank.

Im September erfuhren wir dann die ganze schreckliche Wahrheit: Lydia hat Krebs. Ein Ewing-Sarkom Stadium IV. Überlebenschancen 10 -15%.                            (mehr zum Krankheitsverlauf siehe Lydias Krankheit).

Über zwei Jahre haben wir gemeinsam tapfer gekämpft. Lydia hat viele Chemotherapien, Bestrahlungen, OP`s und zwei Transplantationen geduldig über sich erhehen lassen. Wir haben versucht ihr zu helfen, indem wir immer für sie da waren. 

Trotz der zum Teil sehr schweren Therapienebenwirkungen hat sich Lydia nie unterkriegen lassen, hat fast immer versucht aktiv zu sein, hat Pläne gemacht und diese meistens auch in die Tat umgesetzt.

Lydia hat während ihrer Krankeit sehr gerne gebastelt und war dabei ausgesprochen kreativ. Es sind viele wunderschöne Sachen entstanden, mit denen sie uns und vielen anderen Familienmitgliedern oft eine große Freude gemacht hat und die für uns heute wunderbare Erinnerungen sind. Überhaupt war es Lydias größte Freude, wenn sie andere z.B. mit einem tollen Geschenk überraschen konnte. Egal ob Weihnachten, Geburtstag oder Hochzeitstag, Lydia hatte immer ganz besondere persönliche liebevoll gestaltete Geschenke.

Lydia hat auch oft an andere gedacht, die unter schwierigen und armen Verhältnissen leben mussten. So haben wir z.B. regelmäßig bei "Weihnachten im Schuhkarton" und anderen Hilfsprojekten mitgemacht. Das war für Lydia ganz wichtig.    

Obwohl es Lydia oft nicht so gut ging, war sie meist viel mehr um das Wohlergehen ihrer Mitmenschen besorgt, wenn sie mal krank waren.

In den zwei Jahren haben wir gemeinsam viele Höhen und Tiefen erlebt. Aber wir haben uns nie unterkriegen lassen. Wir haben immer versucht, das Beste daraus zu machen. Wann immer möglich, haben wir vier als Familie versucht, Zeit miteinander zu verbringen, haben gespielt, gebastelt, einen schönen Film geschaut und oft auch gelacht. Allein war Lydia fast nie. Wenigstens ein Elternteil war eigentlich immer da. Das war für Lydia wichtig und hat ihr sicherlich auch ein bisschen auf ihrem schweren Weg geholfen. 

Aber auch wir als kleine Familie waren nicht allein. Wir fanden vielfältige Unterstützung duch viele unserer Familienmitglieder, Freunde und Bekannte. Viele haben versucht uns unser schweres Leben ein bisschen leichter zu machen und uns zu helfen. Mit immer neuen Ideen versuchten liebe Menschen, Lydia mal eine Freude zu machen, sie etwas aufzumuntern.

Trotz der schlimmen Krankheit und den damit verbundenen vielen Einschränkungen, blieb die Freundschaft zwischen Lydia und Julia bestehen. Auch, wenn es für Julia manchmal sicher schwer war, war sie für Lydia da und brachte damit ein kleines Stückchen "jugendliche Normalität" in Lydias Leben. 

Ein besonderer Sonnenschein war für Lydia ihre kleine Kusine Jasmin, die mit ihrer Mutti so oft es ging zu Besuch kam, wenn Lydia zu Hause war. Auch sonst standen kleine ungezwungene Familientreffen, z.B. Sonntagnachmittag zu Kaffee und Kuchen bei Lydia ganz hoch im Kurs. Der Familienzusammenhalt war für sie sehr wichtig. 

Als sich die schlechten Nachrichten im Juni 2009 mal wieder häuften und die Erfolgsaussichten noch schlechter wurden, haben wir beschlossen, dass wir unbedingt Lydias großen Wunsch: "Ein paar Tage Urlaub an der Ostsee" sobald als irgend möglich in die Tat umsetzen wollen.

Ende Juni war es dann soweit. Es stand eine kurze Therapiepause an. So haben wir gemeinsam einen wunderbaren Kurzurlaub auf der Insel Rügen verbringen können. Auch Lydia hat es sehr gefallen. Sie hat sich sogar ein bisschen erholt. Für uns alle ist diese wunderschöne Zeit ein Geschenk, von dem wir noch lange zehren werden.

Als es Ende August eine erneute Metastase gab, sagten uns die Ärzte, dass es für Lydia keine Chance mehr auf Heilung gibt. Es war ein schrecklicher Tag. Es Lydia sagen zu müssen, war das Schlimmste, was wir je im Leben tun mussten. Es war so traurig, es hat uns fast das Herz zerrissen. Wir haben alle furchtbar geweint.

Aber auch mit diesem Wissen, hat Lydia ihr Leben weiterhin gemeistert. Sie hat nicht etwa den Kopf in den Sand gesteckt, oder gesagt, es ist sowieso alles sinnlos.   Woher sie die Kraft dafür nahm, wissen wir nicht, aber ihre Stärke und ihr Mut haben uns alle zutiefst beeinduckt. Sie war (und ist) für uns ein Vorbild. Weil Lydia so tapfer war, haben wir versucht, es auch zu sein.

Leider musste Lydia auch noch in dieser Zeit wegen dringend notwendiger Therapien oder anderer Komplikationen häufig in der Klinik bleiben. Aber wann immer es möglich war haben wir versucht, die Zeit nach Lydias Wünschen zu gestalten.

So haben wir Anfang Oktober noch einen schönen Familienausflug nach Berlin ins "Sealife" und in "Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett" machen können. Trotz der Anstrengungen ist Lydia dieser Tag gut bekommen und war für uns alle ein sehr schönes Erlebnis.

Im "Sealife" war Lydia von den Fischen so begeistert, dass wir uns kurzerhand entschlossen, Lydia ein Aquarium in ihrem Zimmer einzurichten, was ihr Vati auch ganz schnell in die Tat umsetzte. Schon ein paar Tage später konnte sich Lydia in der Zoohandlung ihre Fische aussuchen.

Als es ihr dann zunehmend schlechter ging und sie oft müde war und in ihrem Bett lag, konnte sie von da aus ihre Fische beobachten und war glücklich darüber und wir waren so froh, dass wir ihr diese kleine Freude in ihrem so schweren Leben machen konnten. Fünf Tage konnte sie sich noch an ihrem schönen Aquarium erfreuen, dann ging es ihr leider so schlecht, dass wir gezwungen waren am 20.10.2009 ins Kinderhospiz einzuziehen.

Dort hatten wir die Möglichkeit gemeinsam als Familie für Lydia da zu sein. Auch ihre kleine Schwester konnten wir mit einbeziehen. Die medizinische Hilfe im Hintergrund gab uns die Sicherheit, die wir brauchten, um uns auf das Wesentliche, nämlich Lydia, zu konzentrieren.

In den frühen Morgenstunden des 23.10.2009 ist unsere geliebte Lydia zu den Sternen gereist. Wir, ihre Eltern, waren bei ihr und haben ihre Hand gehalten, sie gestreichelt. Soweit wir mit ihr gehen konnten, haben wir sie begleitet und hoffen, dass sie dann liebevoll von ihrem Schutzengel in Empfang genommen wurde. Wir hoffen, sie konnte unsere Nähe und unsrer tiefe Liebe bis zuletzt spüren, und hat sie mit auf ihre Reise nehmen können.

In der friedlichen und würdevollen Atmosphäre des Hospizes konnten wir schweren Herzens, gemeinsam mit unserer kleinen Tochter Ricarda, in aller Ruhe von Lydia Abschied nehmen. 

Heute leben wir in der Hoffnung, dass es Lydia dort, wo sie jetzt ist, gut geht und dass die keine Schmerzen und keine Angst mehr hat. Wir hoffen, sie ist nicht allein und kann unsere Liebe und unsere Gedanken weiterhin spüren.

Unser Leben wird lebbar dadurch, dass wir glauben, Lydia irgendwo und irgendwann wieder zu treffen.